Erkrankung | Gen | OMIM |
---|---|---|
Apert Syndrom / Akrozephalosyndaktylie I | FGFR2 | 101200 |
Beare-Stevenson Cutis gyrata Syndrom | FGFR2 | 123790 |
Crouzon Syndrom | FGFR2 | 123500 |
Crouzon Syndrom mit Akanthosis nigricans | FGFR3 | 612247 |
Jackson-Weiss Syndrom | FGFR2 | 123150 |
Kraniosynostose, Typ Boston | MSX2 | 604757 |
Muenke Syndrom | FGFR3 | 602849 |
Pfeiffer Syndrom / Akrozephalosyndaktylie V | FGFR1, FGFR2 | 101600 |
Klinik / Indikation
Zu den Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor (FGFR)-bedingten Kraniosynostose-Syndromen zählen das Apert Syndrom, das seltene Beare-Stevenson Cutis gyrata Syndrom, das Crouzon Syndrom, das Jackson-Weiss Syndrom, das Muenke Syndrom sowie das Pfeiffer Syndrom (Typen 1 – 3).
Die Kraniosynostose-Syndrome basieren auf den klinischen Hauptbefunden:
- bilaterale Koronarsynostose bzw. „Kleeblattschädel“,
- charakteristisch faziale Dysmorphie,
- variable Hand- und Fußbefunde.
Nur das Muenke Syndrom stellt mit unilateraler Koronarsynostose oder Megaenzephalie ohne Kraniosynostose eine Ausnahme dar.
Klinische Merkmale der Kraniosynostose-Syndrome
Apert Syndrom / Akrozephalosyndaktylie I (OMIM 101200): Turribrachyzephalie, Mittelgesichtshypoplasie, ossäre Syndaktylie der Finger und Zehen, Ellenbogen-Ankylose, rhizomeler Minderwuchs, Fusion von Halswirbeln (besonders C5 und C6), in zwei Dritteln der Fälle Entwicklungsverzögerung bzw. eine mentale Retardierung bei etwa 50 Prozent der Patienten.
Beare-Stevenson Cutis gyrata Syndrom (OMIM 123790): extrem selten.
Crouzon Syndrom (OMIM 123500): Charakteristisch ist die Proptosis, der Strabismus und die Prognathie. Die Extremitäten sind normal. In 30 Prozent kann sich ein progredienter Hydrozephalus mit Herniation der Tonsillen durch das Foramen magnum entwickeln. Etwa fünf Prozent der Patienten haben eine Akanthosis nigricans mit der spezifischen Mutation p.Ala391Glu in Exon 10 des FGFR3-Gens.
Jackson-Weiss Syndrom (OMIM 123150): Prognathie und Extremitätenbefunde: breite und abweichende Großzehe, Verkürzung von Metatarsus I, Fusion von Os calcaneus und Os cuboides.
Muenke Syndrom (OMIM 602849): Der Phänotyp ist sehr variabel, so daß Überlappungen mit Pfeiffer-, Jackson-Weiss- oder Saethre-Chotzen Syndrom Phänotypen möglich sind.
Pfeiffer Syndrom / Akrozephalosyndaktylie V (OMIM 101600):
Typ 1: Häufigste Form. Mittelgesichtshypoplasie, breite und abweichende Daumen und
Großzehe, Hörverlust.
Typ 2: Kleeblattschädel mit extremer Proptosis, Hände und Füße wie Typ 1.
Choanalstenose / Atresie, Laryngotrachaelanomalie, Hydrozephalus,
Krampfleiden, Risiko für Frühletalität.
Typ 3: Turribrachyzephalie, extreme Proptosis Hände und Füße wie Typ 1.
Ankylose der Ellenbogen und Knie.
Die klinischen Befunde erlauben eine Typenzuordnung (siehe Tabelle 1), wobei das Muenke Syndrom eine Ausnahme bildet, dessen Diagnose molekulargenetisch gesichert wird.
Tabelle 1: Unterschiedliche klinische Merkmale der FGFR-bedingten Kraniosynostose-
Syndrome
Merkmale | MuenkeSyndrom | CrouzonSyndrom | Jackson-WeissSyndrom | Apert Syndrom | Pfeiffer Syndrom | Beare-StevensonSyndrom |
Daumen | normal | normal | ggl. Fusion mit Fingern | breit abweichend | normal | |
Hände | + Karpalfusion | normal | variabel | ossäre Fusion | variable Brachydaktylie | normal |
Großzehen | + breit | normal | breit abweichend | ggl. Fusion mit Zehen | breit abweichend | normal |
Füße | Tarsalfusion | normal | abnorme Tarsie | ossäre Fusion | variable Brachydaktylie | normal |
Genetik
Entsprechend dem klinischem Typ der FGFR-bedingten Kraniosynostose-Syndrome (siehe Tabellen 2 und 3) erfolgt eine gezielte DNA-Analyse im FGFR1– (OMIM 136350), FGFR2– (OMIM 176943) bzw. FGFR3-Gen (OMIM 134934).
Tabelle 2: Genloci und Mutationsfindungsraten der FGFR-bedingten Kraniosynostosen
Klinische Diagnose | Gen | Mutationsrate |
Muenke Syndrom | FGFR3 | 100 % |
Crouzon Syndrom | FGFR2 | > 50 % |
Crouzon mit Akanthosis nigricans | FGFR3 | 100 % |
Jackson-Weiss Syndrom | FGFR2 | 100 % |
Apert Syndrom | FGFR2 | > 98 % |
Pfeiffer Syndrom | FGFR1 und FGFR2 | 67 % |
Beare-Stevenson Syndrom | FGFR2 | ? |
Tabelle 3: Häufigkeit von Mutationen der FGFR-bedingten Kraniosynostosen
Syndrome | Inzidenz | FGFR1-Mutation | FGFR2-Mutation | FGFR3-Mutation |
isolierte Koronarsynostose | häufig | – | – | 5 % |
Muenke Syndrom | unbekannt | – | – | 100 % |
Crouzon Syndrom | 1.6 : 100.000 | – | 95 % | 5 % |
Jackson-Weiss Syndrom | unbekannt | – | 100 % | – |
Apert Syndrom | 1 : 100.000 | – | 100 % | – |
Pfeiffer Syndrom
Typ 1 Typ 2 Typ 3 |
1 : 100.000 1 : 100.000 1 : 100.000 |
5 % 100 % 100 % |
95 % – – |
– – – |
Beare-Stevenson Syndrom | < 10 Fälle | – | 95 % | – |
Tabellen 2 und 3 modifiziert nach: GENEReviews
Differentialdiagnose
Die meisten Kraniosynostosen stellen isolierte Anomalien dar; ein familiäres Vorkommen isolierter Fälle ist sehr selten. Dabei kann die Diagnose Kraniosynostose einen Befund von 150 verschiedenen Syndromen darstellen. Neben den FGFR-Genen sind für zwei Kraniosynostose-Syndrome inzwischen weitere kausale Gene identifiziert:
- Kraniosynostose (Boston-Typ): Mutationen im MSX2-Gen;
- Saethre-Chotzen-Syndrom / Akrozephalosyndaktylie III: Bei etwa 75 Prozent der Patienten Mutationen im TWIST-Gen, selten Mutationen im FGFR1-Gen.
Diagnostik
Aus genomischer DNA werden die entsprechenden Exons einschließlich der Intron/ Exon-Spleißstellen sowie der flankierenden intronischen Bereiche mittels PCR amplifiziert und einer Sequenzierung zugeführt.
Apert-Syndrom: Exon 8 im FGFR2-Gen.
Crouzon-Syndrom: Exons 3, 8, 10, 14 und 17 im FGFR2-Gen sowie
Exon 7 im FGFR3-Gen.
Crouzon-Syndrom mit Akanthosis nigricans: Exon 10 im FGFR3-Gen (p.Ala391Glu).
Beare-Stevenson Cutis gyrata Syndrom: Exon 11 im FGFR2-Gen.
Jackson-Weiss-Syndrom: Exon 10 im FGFR2-Gen.
Muenke-Syndrom: Exon 7 im FGFR3-Gen.
Pfeiffer-Syndrom: Exon 5 im FGFR1-Gen sowie Exons 8, 10, 11, 15, 16 und 17
im FGFR2-Gen.
Kraniosynostose Typ Boston: Exons 1 und 2 im MSX2-Gen.
Der Bearbeitungszeitraum für die einzelnen Syndrome beim Indexpatienten liegt bei etwa 2 Wochen. Für den Nachweis bzw. den Ausschluß bereits bekannter Veränderungen bei weiteren Familienmitgliedern ist ca. eine Woche anzusetzen.
Untersuchungsmaterial
2 ml EDTA-Blut des Indexpatienten sowie weiterer Familienmitglieder. Versand der Proben ungekühlt im Transportröhrchen.